SBR - sequencing batch reactor

Frei ins Deutsche übersetzt: sequentielles biologisches Reinigungsverfahren.

Dieses zu Beginn des Jahrhunderts entwickelte Verfahren wurde 1971 wieder aufgegriffen und konnte mit moderner Technik im großtechnischen Maßstab angewendet werden. Bis heute sind beispielsweise in den USA viele kommunale und industrielle SBR-Anlagen in Betrieb gegangen. In Deutschland beginnt sich diese Technologie seit Anfang der neunziger Jahre durchzusetzen, vor allem zur Reinigung von Industrieabwasser, insbesondere von Molkereien und Wäschereien, aber auch zur Reinigung von kommunalem Abwasser. 

Das SBR-Verfahren ist eine Variante des Belebtschlammverfahrens. Der Unterschied zum konventionellen Durchlaufverfahren liegt darin, dass die Verfahrensschritte nicht entlang einer Wegachse, wie es z. B. bei kaskadenförmig durchströmten Belebungsanlagen, sondern entlang einer Zeitachse geführt werden. Das bedeutet, dass beim SBR-Verfahren alle zur biologischen Reinigung des Abwassers notwendigen Schritte nicht in mehreren voneinander getrennten Reaktionsräumen stattfinden (anaerobe, aerobe, anoxische Zonen, Nachklärbecken), sondern in einer zeitlichen Abfolge im selben Behälter ablaufen. 

Der Preis eines Behälters steigert sich in bestimmten Größenbereichen nicht linear mit dem Beckenvolumen, zusätzlich ist die Erstellung zweier identischer Bauteile oft billiger als der Bau eines Belebungsbeckens und eines Nachklärbeckens. SBR-Anlagen sind daher besonders für kleinere Anschlussgrößen etwa ab 8 Einwohnerwerte geeignet, da sie dort kostengünstiger erstellt werden können als kontinuierliche Anlagen. Es ist allerdings immer eine Steuerung erforderlich. 

Aufbau und Betrieb

Eine kleine SBR-Anlage besteht meistens aus einem zweikammerigen Aufnahmetank. Er übernimmt die mechanische Vorreinigung, also das Absetzen gröberer und schwererer Feststoffe und dient zur Pufferung von Abwassermenge und -konzentration. Von dort aus gelangt das Abwasser in vordefinierten Steuerungsintervallen in den eigentlichen Reaktorbehälter.

Es gibt verschiedene Steuerungsabläufe, z.B. wie folgt: Während des Füllens und für eine vorgegebene anschließende Zeit wird der Schlamm belüftet. Nach der Belüftung setzt sich der Schlamm auf den Grund des Reaktorbehälters ab. Von dort wird ein Teil des Belebtschlammes (Überschußschlamm) in den Schlammtank gepumpt, bevor das geklärte Wasser abfließt. Danach wird der jetzt noch zu ca. 30 bis 70% gefüllte Reaktor in festgelegten Abständen belüftet, bis wieder frisches Abwasser unter Belüftung hineingepumpt wird. Bei Nichtbelüftung wird ein Rührwerk eingeschaltet. Durch eine entsprechende Wahl der Rührintervalle kann bei Anlagen mit Nitrifikation eine Denitrifikation durchgeführt werden. Dafür wird während und nach dem Füllen ebenfalls gerührt, damit das im vorausgegangenen Zyklus gebildete Nitrat veratmet werden kann.

  

Verfahrensbeschreibung

Unter SBR-Belebungsverfahren werden solche Verfahren zur biologischen Abwasserreinigung verstanden, deren gemeinsames Kennzeichen es ist, dass zur biologischen Abwasserreinigung Belebtschlamm eingesetzt wird, die biologische Abwasserreinigung und die Abtrennung des Belebtschlamms vom gereinigten Abwasser im selben Becken stattfinden, das gereinigte Abwasser chargenweise aus dem Becken abgezogen wird (Klarwasserabzug).

Die chargenweise Zuführung des zu reinigenden Abwassers und der zeitliche Ablauf der Abwasserzuführung sind Optionen, die gewählt werden können, um in dem SBR-Becken bestimmte, in diesem Merkblatt noch näher erläuterte Wirkungen zu erzielen.

Verfahren, die chargenweise betrieben werden, bei denen zur Abwasserreinigung aber Biofilme eingesetzt werden (Sequencing Batch Biofilm Reactor, SBBR) sind in dieser Beschreibung ausgeklammert.

Der Behälter, in dem die biologischen Reinigungsprozesse sowie die Trennung von Belebtschlamm und gereinigtem Abwasser stattfinden, wird im folgenden "SBR-Becken" genannt. Eine SBR-Anlage kann aus einem oder mehreren SBR-Becken bestehen. Zudem gehört zu einer SBR-Anlage ein oder mehrere Vorlagebehälter, wenn die Abwasserzuführung chargenweise und in zeitlich begrenzten Zeitintervallen ausgeführt wird.

Einer SBR-Anlage sind Einrichtungen zur mechanischen Abwasservorreinigung, mindestens aber ein Rechen sowie ein Sand- und Fettfang vorzuschalten. Diese Anlagen zur Abwasservorbehandlung entsprechen ebenso wie die Einrichtungen zur Klärschlammbehandlung denen, wie sie auch für kontinuierlich beschickte Belebungsanlagen eingesetzt werden.

Das Zeitintervall, das mit dem Abschluss des Klarwasserabzugs beginnt und mit dem Abschluss des nächsten Klarwasserabzugs endet, bezeichnet man als Zyklus. Jeder Zyklus ist in mehrere Prozessphasen begrenzter zeitlicher Dauer unterteilt.

 Wichtige Prozessphasen sind:

  • Füllphase Zeitintervall, in dem das zu reinigende Abwasser in den SBR- Behälter eingeleitet wird
  • Mischphase Zeitintervall, in dem der Behälterinhalt zur Einstellung ohne Sauerstoffzufuhr gemischt wird, so dass sich anaerober oder anoxischer Milieubedingungen einstellen
  • Belüftungsphase Zeitintervall, in dem der Behälterinhalt mit Luft und/oder technisch reinem Sauerstoff begast wird
  • Absetzphase Zeitintervall, in dem sich der Belebtschlamm vom gereinigten Abwasser durch Sedimentation trennt
  • Überschussschlamm-Abzugsphase Zeitintervall, in dem der gebildete Überschussschlamm aus dem Becken abgezogen wird
  • Klarwasserabzugsphase Zeitintervall, in dem das sich über dem sedimentierten Belebtschlamm gebildete Klarwasser abgezogen wird
  • Stillstandsphase Zeitintervall, in dem der SBR-Behälter auf eine neue Befüllung wartet (optional)

Die Prozessparameter:

  • Dauer der einzelnen Prozessphasen,
  • Zeitpunkt für die Initiierung einer Prozessphase,
  • Zyklusdauer resp. Zyklushäufigkeit
  • Verhältnis von Volumenabzug (Klarwasser, Überschussschlamm) zu Inhalt des SBR-Behälters bei Vollfüllung (Volumenaustauschrate, Überschussschlamm-Abzugsrate)

bestimmen die Reinigungsleistung und Prozessstabilität einer SBR-Anlage nachhaltig und müssen daher sorgfältig und zielgerichtet gewählt, bemessen und kontrolliert werden.

  

Geschichtlicher Hintergrund

Der Prozeßablauf, der das SBR-Verfahren kennzeichnet, wurde erstmals von dem englischen Ingenieur Sir Thomas Wardle für den Betrieb von Abwasserteichen vorgeschlagen. Das von Wardle beschriebene Verfahren unterschied zwischen einer Füllphase begrenzter Dauer, einer Belüftungs- Sedimentations- und Entleerungsphase. Die wichtigsten Merkmale des SBR-Verfahrens waren damit vorgezeichnet.

Zwei Dekaden später führten Ardern und Lockett in Manchester Versuche mit einer ganz ähnlichen Prozesstechnik durch. Die im Labormaßstab gewonnenen Ergebnisse waren so ermutigend, dass das Verfahren auf der Kläranlage der englischen Stadt Salford 1914 zum großtechnischen Einsatz kam. Ein Jahr später ging eine ähnlich konzipierte Anlage in Milwaukee, im US Bundesstaat Wisconsin, in Betrieb. In Salford wurde das vorgeklärte Abwasser innerhalb von jeweils 45 Minuten in einen von zwei 83 m3 fassenden SBR-Behältern eingeleitet und dann 3 Stunden lang belüftet. Der gebildete Belebtschlamm wurde anschließend während einer zweistündigen Sedimentationsphase abgesetzt und der Klarwasserüberstand während einer einstündigen Abzugsphase aus dem Becken abgeleitet. Bis zum Beginn der neuen Füllphase war eine 15 minütige Stillstandsphase vorgesehen. Es wird berichtet, dass das mit diesen Anlagen erzielte Reinigungsergebnis befriedigend war. Es entstanden jedoch eine Reihe technischer Probleme, die mit den damaligen Mitteln nicht zu bewältigen waren. Insbesondere war der Bedienungsaufwand für das Zu- und Abschalten der Pumpen, Schieber und Belüfter unvertretbar hoch. Die Aggregate mussten zur damaligen Zeit weitestgehend von Hand zu- und abgeschaltet werden, was zu zahlreichen Fehlschaltungen führte. Durch Umgestaltung der Anlagen in eine kontinuierlich durchströmte Anlage mit nachgeschalteten Absetzbecken und Schlammrückführung konnten diese Probleme bewältigt werden. Das klassische, kontinuierlich durchströmte Belebungsverfahren war erfunden.

Das SBR-Verfahren geriet in der Folge für viele Jahre in Vergessenheit, bis es 1952 von Hoover and Porges sowie 1959 von Pasveer quasi wiederentdeckt wurde. Im Unterschied zu der ursprünglichen Betriebstechnik wurde von den genannten Autoren vorgeschlagen, das Abwasser bei zunächst geschlossenem Ablaufwehr kontinuierlich in das SBR-Becken einzuleiten. In dem Becken kommt es dadurch zu einem Aufstau. Nachdem eine obere Wasserstandsmarke erreicht ist, wird die Belüftung abgeschaltet. Der Belebtschlamm kann nun sedimentieren, und das Klarwasser durch Absenken des Ablaufwehrs abgezogen werden.

Das von Pasveer entwickelte Verfahren wurde in den sechziger Jahren weltweit an zahlreichen Stellen angewandt. Problematisch ist, dass während des Klarwasserabzugs in das Becken Rohabwasser zuströmte. Um die Vermischung von ungereinigtem Zulauf mit gereinigtem Ablauf zu vermindern, wurde von Goronszy vorgeschlagen, die Einlaufzone des Beckens durch eine Tauchwand von dem restlichen Beckenraum abzutrennen. Aus dieser Idee entwickelten sich eine Reihe spezieller, zumTeil patentrechtlich geschützter Firmenlösungen.

Die ursprüngliche, von Ardern und Lockett eingeführte Betriebstechnik, die auf eine strikte Trennung der Prozeßphasen "Füllen" und "Klarwasserabzug" aufbaute, wurde von Irvine aufgegriffen. Durch systematische Arbeiten im Labor- und im großtechnischen Maßstab wurden in den USA wie auch in Deutschland die wissenschaftlichen und technischen Grundlagen für das Verfahren erarbeitet und vertieft, und dem SBR-Verfahren so seine heutige Einsatzreife verliehen.

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